Sonntag, 25. Januar 2015

Rein Vegetarische & Vegane Hunde Ernährung





Der Hund stammt vom Wolf ab und dieser isst bekanntlich viel Fleisch. Einen Hund vegan zu ernähren, klingt für viele Tierhalter absurd und ist „gegen die Natur“. Dies ist zumindest die landläufige Meinung.
Schaut man allerdings auf die wissenschaftliche Datenlage, erkennt man schnell, dass das Gegenteil der Fall ist. Im Gegenteil profitieren Hunde mit einer Allergie oder Hautkrankheit ganz erheblich von einer veganen Hundeernährung. So dass die vegane Hundekost gegenüber der konventionellen Hundeernährung gesundheitliche Vorteile bieten kann.

Der Hund ist ein Omnivor
Der Haushund (Canis lupus familiaris) ist eine Unterart des Wolfes und wurde vor ca. 100.000 Jahre vom Menschen domestiziert und teilt mit dem Wolf, der ein Raubtiere (Carnivora) ist, nur noch die Verwandtschaft. In veralteten Quellen findet man oftmals die Aussage, der Hund wäre ein Karnivor (Fleischfresser) oder Karni-Omnivor.
Im Laufe der Zeit hat sich der Hund, in Gemeinschaft mit dem Mensch, in einen opportunistischen Allesfresser verwandelt.
Er ist somit ein Omnivor. Der Wissenschaftler Erik Axelsson von der schwedischen Universität Uppsala hat mit seinem Team das gesamte Genom von Hunden nach Regionen durchsucht, welche signifikant vom Erbgut des Wolfs abweichen.
Dabei fanden die Forscher 36 Genregionen beim Hund, die unter starkem Selektionsdruck entstanden sind. Eine Vielzahl dieser Genbereiche regeln den Stoffwechsel (vor allem die biochemischen Prozesse beim Abbau von Stärke), wobei 3 dieser Genbereiche sogar eine Schlüsselrolle beim Stärkeabbau spielen. Die Forscher vermuten, dass die frühen Hunde zu Beginn des Ackerbaus sich immer häufiger von landwirtschaftlichen Abfällen der Menschen ernährten.
Dies deckt sich mit neuesten Erkenntnissen zur Ernährung des Menschen. Selbst die Jäger und Sammler aßen meistens pflanzliche Lebensmittel. Fleisch war einfach zu unberechenbar. Nach dem Studium der Knochen, Zähne und Genetik von Primaten kommt der Anthropologen Dr. Dominy von der University of California in Santa Cruz zur Einschätzung, dass der Mensch eher als Starchivores (Stärke-Esser) bezeichnet werden müsste. Somit hatte der Mensch einen enormen Evolutionsvorteil dank seines Speichelflusses. Die ausgeprägte Fähigkeit des Menschen, stärkehaltige Nahrungsmittel zu verdauen, hat die Gehirnentwicklung entscheidend gefördert. Dominy und seine Kollegen gehen davon aus, dass die ersten Menschen auf der Suche nach neuen Lebensmitteln waren und dabei auf stärkehaltige Knollen wie wilde Karotten und Kartoffeln stießen. Der Konsum dieser stärkehaltigen Ernährung sei der Grund, warum die frühen Menschen größere Gehirne entwickeln konnten. Werkzeugfunde zeigen, dass bereits vor 100.000 Jahren der Stärkeanbau in Form von Sorghum-Hirse in Mosambik stattgefunden haben muss, der Beginn der ersten Hochkulturen. Und genau hier zeigen erste Vergleichsstudien zur mitochondrialen DNA von Hunden, dass ihre Domestizierung auch vor 100.000 Jahren begonnen hat.
Fleisch war eine Seltenheit (schon gar in den Abfällen) und die Bedeutung der Stärke nahm zu. Selbst die wertvollen Meutehunde des Barocks wurden nach intensiven Jagden nicht mit Fleisch, sondern mit Brot (Hundebrot) ernährt.


Gebiss des Hundes
Am bleibenden Gebiss eines Hundes wird oftmals der Versuch unternommen beweißen zu wollen, dass der Hund ein Fleischfresser wäre. Die Argumentation bezieht sich auf die (Prämolaren und Molaren) Backenzähne. So dienen die Eck und Reißzähne zum Abscheren von Nahrungsteilen. Bären haben ähnliche Backenzähne und sind Omnivore (Allesfresser). Ein Großteil ihrer Nahrung besteht aus Früchte und anderen Pflanzenteilen.
Eine Beweißführung über das Gebiss eines Lebewesens um Rückschlüsse auf seine Nährstoffansprüche, Verträglichkeit und Stoffwechsel zu führen, endet in der Sackgasse.

Verdauungstrakt und Stoffwechsel
Auch zum Thema Verdauungstrakt und Stoffwechsel des Hundes werden viele Fehlinformationen im Internet angeboten.
Selbst ein Wolf, der andersartig ist, nimmt in wechselnden Mengen auch pflanzliche Kost wie Früchte, Gräser, Wurzeln und Exkremente anderer Tiere auf und kann sich in einem gewissen Spielraum der Futterarten anpassen. Der Hund besitzt diese Fähigkeit im erhöhten Maße. Sein Verdauungskanal und Stoffwechsel ist nicht auf die Aufnahme von tierischen Lebensmitteln fixiert wie Karnivoren. Selbst die Magensäuresekretion passt sich dem Nahrungsangebot an. So ist eine fleischreiche Ernährung mit einer proportionalen Steigerung der Sekretmenge verbunden. Dass der Hund Kohlenhydrate und vor allem Stärke gut verwerten kann, zeigt seine Fähigkeit mittels Bauchspeicheldrüse (Pankreas) Kohlenhydratspaltende Enzyme (Amylase) zu produzieren, welche die Verdauung der Stärke einleitet. Zudem ist der Hund zur Enzyminduktion fähig. Die Verdaulichkeit von Kohlenhydraten liegt bei Stärke (Reis, Weizen, Mais) annährend bei 100%.
Im Gegenteil kann eine Fleischbetonte bzw. proteinreiche Ernährung systemische Wirkung entfalten und zu einer Leberbelastung führen. Der Überschuss der Aminosäuren wird in der Leber chemisch abgespalten und über die Niere abgeführt. Dabei zeigt sich ein erhöhter Harnstoffgehalt in Blut und Harn. Eine mögliche Schädigung von Leber und Nieren kann bei längerfristiger Proteinüberversorgung nicht ausgeschlossen werden.
(Meyer/ Zentek, 2013)


Ellen Kienzle (Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik am Lehrstuhl für Tierernährung der Ludwig-Maximilians-Universität München) bestätigt, dass eine ausgewogene vegane Ernährung für Hunde bedarfsgerecht ist.
Sie weißt hierbei auf einen erhöhten Kalziumbedarf des Hundes hin (Zugabe von Kalziumpräparaten) und empfiehlt eine fachtierärztliche Ernährungsberatung. Die Fachtierärztin führt allerdings auch an, dass einigen veganen Futtermittelherstellern einfach das Fachwissen fehlt und somit einige vegane Alleinfutter nicht bedarfsgerecht sind.
Vorsorglich sollte dem Hund auch L-Carnitin und Taurin zugeführt werden, da die Studienlage unklar ist, ob einige Rassen bei einer Unterversorgung eine Herzmuskelerkrankung droht.
Auch die Fachtierärztin bestätigt, dass Hunde sich bezüglich ihrer Ernährung und ihrem Stoffwechsel an den Menschen angepasst haben und somit Allesfresser sind. Der Stoffwechsel des Hundes ist mittlerweile gut erforscht, so die Tierärztin.

Was dürfen Hunde nicht essen ?
  • Kakao, Schokolade und andere kakaohaltige Lebensmittel
  • Kaffee
  • Alkoholische, zuckerhaltige und koffeinhaltige Getränke
  • Fruchtkerne
  • Rosinen und Trauben
  • Avocados
  • Stark Salziges und scharf Gewürztes
  • Chili, Pfeffer, Paprikagewürz, Zwiebeln, roher Knoblauch
  • Neuartige Zucker wie Xylitol (auch Xylit oder Birkenzucker genannt) - kann tödlich sein!


BARF
Abschließend sei vor dem neuen Trend gewarnt, der sich an den Fressgewohnheiten von Wölfen orientiert. Wie bereits erklärt wurde, hat sich der Hund ernährungsphysiologisch dem Menschen angepasst und kann, im Gegensatz zum Wolf, Stärke gut verdauen.
Auch das Gebiss des Hundes ist kein Indiz für eine Fleischbetonte Ernährung. Genauso wie der Bär zählt auch der Hund, trotz spitzer Backenzähne (Reißzahn), zu den Allesfressern.
Eine Rohfütterung bietet gegenüber einer gekochten Kost keine ernährungsphysiologischen Vorteile und birgt ferner die Gefahr einer Mangelernährung und mikrobiologischer Risiken. Die für die Verdauung nötigen Ballaststoffe werden in einer Fleischbetonte Ernährung kaum geliefert. Ferner kommt es bei einer einseitigen Ernährung mit Fleisch oder Schlachtabfällen zu einer Störung der mikrobiellen Besiedlung des Darms. Dabei entstehen Fehlgärungen im Dünn- oder Dickdarm. Auf eine weitere schwerwiegende Problematik macht Professor Dr. med. vet. Jürgen Zentek aufmerksam: „Die BARF-Fütterung ist unter hygienischen Aspekten nicht ganz problemlos, da hier die Nahrungskomponenten roh verfüttert werden. Fleisch, vor allem rohes Geflügelfleisch, ist möglicherweise Träger krankheitsauslösender Bakterien   oder auch anderer infektiöser Organismen. Besondere Bedeutung haben die Salmonellen. Durch mögliche Infektionen über rohe Futterkomponenten ist dies nicht nur für den Hund, sondern durch den engen Kontakt mit seinem Haustier auch für den Menschen gefährlich. Eine Salmonelleninfektion kann besonders bei kleinen Kindern und älteren Menschen lebensbedrohliche Situationen hervorrufen. Als besonders kritisch ist hier die oft mangelhafte Hygiene der Kinder im Umgang mit Hunden zu betrachten.

Eine weitere Gefahr der Verfütterung von rohem Fleisch liegt in der möglichen Infektion mit der Aujeszkyschen Krankheit durch rohes Schweinefleisch. Diese ist eine virale Erkrankung   des Schweins, die Hund und Katze gefährden kann und bei diesen tödlich verläuft. Deutschland ist seit 2003 offiziell frei von der Aujeszkyschen Krankheit. Dennoch sollte auf die Verfütterung von rohem Schweinefleisch verzichtet werden, da die Herkunft des Fleisches nicht immer bekannt ist. Hier ist auch an den internationalen Handelsverkehr zu denken. Unter den Infektionserregern haben auch Parasiten eine gewisse Bedeutung, unter anderem Sarkosporidien.“


Referenzen:




Science. 2009 Dec 18;326(5960):1680-3. doi: 10.1126/science.1173966.
Mozambican grass seed consumption during the Middle Stone Age.

Carles Vilà, Peter Savolainen, Jesús E. Maldonado, Isabel R. Amorim, John E. Rice, Rodney L. Honeycutt, Keith A. Crandall, Joakim Lundeberg, Robert K. Wayne: Multiple and ancient origins of the domestic dog. In: Science. 276(5319):1687-9, 1997

L. M. Freeman, M. L. Chandler, B. A. Hamper, L. P. Weeth: Current knowledge about the risks and benefits of raw meat-based diets for dogs and cats. In: Journal of the American Veterinary Medical Association. Band 243, Nummer 11, Dezember 2013, ISSN 1943-569X, S. 1549–1558

Ernährung des Hundes: Grundlagen - Fütterung - Diätetik, Meyer & Zentek, Enke Verlag 2013


Hund mehr Vegetarier als Wolf, http://www.spektrum.de/news/hund-mehr-vegetarier-als-wolf/1181997
r-dr-med-vet-juergen-zentek