Der Hund stammt vom Wolf ab und dieser isst bekanntlich viel Fleisch. Einen Hund vegan zu ernähren, klingt für viele Tierhalter absurd und ist „gegen die Natur“. Dies ist zumindest die landläufige Meinung.
Schaut man allerdings auf die wissenschaftliche Datenlage,
erkennt man schnell, dass das Gegenteil der Fall ist. Im Gegenteil profitieren
Hunde mit einer Allergie oder Hautkrankheit ganz erheblich von einer veganen
Hundeernährung. So dass die vegane Hundekost gegenüber der konventionellen
Hundeernährung gesundheitliche Vorteile bieten kann.
Der Hund ist ein Omnivor
Der Haushund (Canis lupus familiaris) ist eine Unterart des
Wolfes und wurde vor ca. 100.000 Jahre vom Menschen domestiziert und teilt mit
dem Wolf, der ein Raubtiere (Carnivora) ist, nur noch die Verwandtschaft. In
veralteten Quellen findet man oftmals die Aussage, der Hund wäre ein Karnivor
(Fleischfresser) oder Karni-Omnivor.
Im Laufe der Zeit hat sich der Hund, in Gemeinschaft mit dem
Mensch, in einen opportunistischen Allesfresser verwandelt.
Er ist somit ein Omnivor. Der Wissenschaftler Erik Axelsson
von der schwedischen Universität Uppsala hat mit seinem Team das gesamte Genom
von Hunden nach Regionen durchsucht, welche signifikant vom Erbgut des Wolfs
abweichen.
Dabei fanden die Forscher 36 Genregionen beim Hund, die
unter starkem Selektionsdruck entstanden sind. Eine Vielzahl dieser Genbereiche
regeln den Stoffwechsel (vor allem die biochemischen Prozesse beim Abbau von
Stärke), wobei 3 dieser Genbereiche sogar eine Schlüsselrolle beim Stärkeabbau
spielen. Die Forscher vermuten, dass die frühen Hunde zu Beginn des Ackerbaus
sich immer häufiger von landwirtschaftlichen Abfällen der Menschen ernährten.
Dies deckt sich mit neuesten Erkenntnissen zur Ernährung des
Menschen. Selbst die Jäger und Sammler aßen meistens pflanzliche Lebensmittel.
Fleisch war einfach zu unberechenbar. Nach dem Studium der Knochen, Zähne und
Genetik von Primaten kommt der Anthropologen Dr. Dominy von der University of California
in Santa Cruz zur Einschätzung, dass der Mensch eher als Starchivores
(Stärke-Esser) bezeichnet werden müsste. Somit hatte der Mensch einen enormen
Evolutionsvorteil dank seines Speichelflusses. Die ausgeprägte Fähigkeit des
Menschen, stärkehaltige Nahrungsmittel zu verdauen, hat die Gehirnentwicklung
entscheidend gefördert. Dominy und seine Kollegen gehen davon aus, dass die
ersten Menschen auf der Suche nach neuen Lebensmitteln waren und dabei auf
stärkehaltige Knollen wie wilde Karotten und Kartoffeln stießen. Der Konsum
dieser stärkehaltigen Ernährung sei der Grund, warum die frühen Menschen
größere Gehirne entwickeln konnten. Werkzeugfunde zeigen, dass bereits vor 100.000
Jahren der Stärkeanbau in Form von Sorghum-Hirse in Mosambik stattgefunden
haben muss, der Beginn der ersten Hochkulturen. Und genau hier zeigen erste
Vergleichsstudien zur mitochondrialen DNA von Hunden, dass ihre Domestizierung auch
vor 100.000 Jahren begonnen hat.
Fleisch war eine Seltenheit (schon gar in den Abfällen) und
die Bedeutung der Stärke nahm zu. Selbst die wertvollen Meutehunde des Barocks
wurden nach intensiven Jagden nicht mit Fleisch, sondern mit Brot (Hundebrot)
ernährt.
Gebiss des Hundes
Am bleibenden Gebiss eines Hundes wird oftmals der Versuch
unternommen beweißen zu wollen, dass der Hund ein Fleischfresser wäre. Die
Argumentation bezieht sich auf die (Prämolaren und Molaren) Backenzähne. So
dienen die Eck und Reißzähne zum Abscheren von Nahrungsteilen. Bären haben
ähnliche Backenzähne und sind Omnivore (Allesfresser). Ein Großteil ihrer
Nahrung besteht aus Früchte und anderen Pflanzenteilen.
Eine Beweißführung über das Gebiss eines Lebewesens um Rückschlüsse
auf seine Nährstoffansprüche, Verträglichkeit und Stoffwechsel zu führen, endet
in der Sackgasse.
Verdauungstrakt und Stoffwechsel
Auch zum Thema Verdauungstrakt und Stoffwechsel des Hundes
werden viele Fehlinformationen im Internet angeboten.
Selbst ein Wolf, der andersartig ist, nimmt in wechselnden
Mengen auch pflanzliche Kost wie Früchte, Gräser, Wurzeln und Exkremente
anderer Tiere auf und kann sich in einem gewissen Spielraum der Futterarten
anpassen. Der Hund besitzt diese Fähigkeit im erhöhten Maße. Sein
Verdauungskanal und Stoffwechsel ist nicht auf die Aufnahme von tierischen
Lebensmitteln fixiert wie Karnivoren. Selbst die Magensäuresekretion passt sich
dem Nahrungsangebot an. So ist eine fleischreiche Ernährung mit einer
proportionalen Steigerung der Sekretmenge verbunden. Dass der Hund
Kohlenhydrate und vor allem Stärke gut verwerten kann, zeigt seine Fähigkeit mittels
Bauchspeicheldrüse (Pankreas) Kohlenhydratspaltende Enzyme (Amylase) zu
produzieren, welche die Verdauung der Stärke einleitet. Zudem ist der Hund zur Enzyminduktion
fähig. Die Verdaulichkeit von Kohlenhydraten liegt bei Stärke (Reis, Weizen,
Mais) annährend bei 100%.
Im Gegenteil kann eine Fleischbetonte bzw. proteinreiche
Ernährung systemische Wirkung entfalten und zu einer Leberbelastung führen. Der
Überschuss der Aminosäuren wird in der Leber chemisch abgespalten und über die
Niere abgeführt. Dabei zeigt sich ein erhöhter Harnstoffgehalt in Blut und
Harn. Eine mögliche Schädigung von Leber und Nieren kann bei längerfristiger
Proteinüberversorgung nicht ausgeschlossen werden.
(Meyer/ Zentek, 2013)
Ellen Kienzle (Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik
am Lehrstuhl für Tierernährung der Ludwig-Maximilians-Universität München) bestätigt,
dass eine ausgewogene vegane Ernährung für Hunde bedarfsgerecht ist.
Sie weißt hierbei auf einen erhöhten Kalziumbedarf des
Hundes hin (Zugabe von Kalziumpräparaten) und empfiehlt eine fachtierärztliche
Ernährungsberatung. Die Fachtierärztin führt allerdings auch an, dass einigen
veganen Futtermittelherstellern einfach das Fachwissen fehlt und somit einige vegane
Alleinfutter nicht bedarfsgerecht sind.
Vorsorglich sollte dem Hund auch L-Carnitin und Taurin
zugeführt werden, da die Studienlage unklar ist, ob einige Rassen bei einer Unterversorgung eine Herzmuskelerkrankung droht.
Auch die Fachtierärztin bestätigt, dass Hunde sich bezüglich
ihrer Ernährung und ihrem Stoffwechsel an den Menschen angepasst haben und
somit Allesfresser sind. Der Stoffwechsel des Hundes ist mittlerweile gut
erforscht, so die Tierärztin.
Was dürfen Hunde nicht essen ?
- Kakao, Schokolade und andere kakaohaltige Lebensmittel
- Kaffee
- Alkoholische, zuckerhaltige und koffeinhaltige Getränke
- Fruchtkerne
- Rosinen und Trauben
- Avocados
- Stark Salziges und scharf Gewürztes
- Chili, Pfeffer, Paprikagewürz, Zwiebeln, roher Knoblauch
- Neuartige Zucker wie Xylitol (auch Xylit oder Birkenzucker genannt) - kann tödlich sein!
BARF
Abschließend sei vor dem neuen Trend gewarnt, der sich an
den Fressgewohnheiten von Wölfen
orientiert. Wie bereits erklärt wurde, hat sich der Hund
ernährungsphysiologisch dem Menschen angepasst und kann, im Gegensatz zum Wolf,
Stärke gut verdauen.
Auch das Gebiss des Hundes ist kein Indiz für eine Fleischbetonte
Ernährung. Genauso wie der Bär zählt auch der Hund, trotz spitzer Backenzähne
(Reißzahn), zu den Allesfressern.
Eine Rohfütterung bietet gegenüber einer gekochten Kost
keine ernährungsphysiologischen Vorteile und birgt ferner die Gefahr einer Mangelernährung
und mikrobiologischer Risiken. Die für die Verdauung nötigen Ballaststoffe
werden in einer Fleischbetonte Ernährung kaum geliefert. Ferner kommt es bei
einer einseitigen Ernährung mit Fleisch oder Schlachtabfällen zu einer Störung
der mikrobiellen Besiedlung des Darms. Dabei entstehen Fehlgärungen im Dünn-
oder Dickdarm. Auf eine weitere schwerwiegende Problematik macht Professor Dr.
med. vet. Jürgen Zentek aufmerksam: „Die BARF-Fütterung ist unter hygienischen Aspekten nicht ganz
problemlos, da hier die Nahrungskomponenten roh verfüttert werden. Fleisch, vor
allem rohes Geflügelfleisch, ist möglicherweise Träger krankheitsauslösender
Bakterien oder auch anderer infektiöser
Organismen. Besondere Bedeutung haben die Salmonellen. Durch mögliche
Infektionen über rohe Futterkomponenten ist dies nicht nur für den Hund,
sondern durch den engen Kontakt mit seinem Haustier auch für den Menschen
gefährlich. Eine Salmonelleninfektion kann besonders bei kleinen Kindern und
älteren Menschen lebensbedrohliche Situationen hervorrufen. Als besonders
kritisch ist hier die oft mangelhafte Hygiene der Kinder im Umgang mit Hunden
zu betrachten.
Eine
weitere Gefahr der Verfütterung von rohem Fleisch liegt in der möglichen
Infektion mit der Aujeszkyschen Krankheit durch rohes Schweinefleisch. Diese ist
eine virale Erkrankung des Schweins,
die Hund und Katze gefährden kann und bei diesen tödlich verläuft. Deutschland
ist seit 2003 offiziell frei von der Aujeszkyschen Krankheit. Dennoch sollte
auf die Verfütterung von rohem Schweinefleisch verzichtet werden, da die
Herkunft des Fleisches nicht immer bekannt ist. Hier ist auch an den
internationalen Handelsverkehr zu denken. Unter den Infektionserregern haben
auch Parasiten eine gewisse Bedeutung, unter anderem Sarkosporidien.“
Referenzen:
Science. 2009 Dec 18;326(5960):1680-3.
doi: 10.1126/science.1173966.
Mozambican grass seed consumption during the
Middle Stone Age.
Carles Vilà, Peter Savolainen, Jesús E.
Maldonado, Isabel R. Amorim, John E. Rice, Rodney L. Honeycutt, Keith A.
Crandall, Joakim Lundeberg, Robert K. Wayne: Multiple and ancient origins of
the domestic dog. In: Science. 276(5319):1687-9, 1997
L. M.
Freeman, M. L. Chandler, B. A. Hamper, L. P. Weeth: Current
knowledge about the risks and benefits of raw meat-based diets for dogs and
cats. In: Journal of the American Veterinary Medical Association.
Band 243, Nummer 11, Dezember 2013, ISSN 1943-569X,
S. 1549–1558
Ernährung des Hundes: Grundlagen - Fütterung - Diätetik,
Meyer & Zentek, Enke Verlag 2013
Hund mehr Vegetarier als Wolf, http://www.spektrum.de/news/hund-mehr-vegetarier-als-wolf/1181997
r-dr-med-vet-juergen-zentek